PATIENTEN WIRD NICHT MEHR VERORDNET
– Wie lange arbeiten Sie als Diabetologe?
Dr. med. Klaus Busch: Schon seit mehr als 15 Jahren, seit 1997.
– Warum haben Sie sich in diesem Fachbereich spezialisiert?
Dr. med. Klaus Busch: Ich bin schon recht früh auf die Diabetologie gestoßen. Im Jahr 1984 habe ich meine Niederlassung als Facharzt für Innere Medizin erhalten und habe nach der Möglichkeit gesucht, in einem nicht zu breit angelegten Gebiet sich zu spezialisieren. Es hat sich aus den verschiedenen Umständen so ergeben, dass dann der Diabetes in den Focus kam. Gerade in der Zeit zwischen 1984-87 zeichnete sich in der Diabetestherapie eine Bewegung in die Richtung der intensivierten Insulintherapie ab, bei der die Menschen flexibler essen können, wenn sie lernen, Insulin situationsabhängig zu spritzen. Solche Therapie bedeutete wirklich eine Verbesserung der Lebensqualität. Es war für viele eine gewisse Erlösung, weil man nicht mehr musste, einen ganz strengen Essensplan einzuhalten. Und für mich war es die Motivation, auf dem Sektor weiter zu arbeiten. Das ist ein Punkt. Zweitens, vor diesem Hintergrund wurden die ersten Patientenschulungen durchgeführt, es war zu dieser Zeit recht revolutionär. Ich habe bei solchen Schulungen mitgemacht, das war damals ein sehr exotisches Ereignis in meiner Praxis. Solche Patientenschulungen wurden sehr gefördert von der Universität in Düsseldorf. Seitdem entwickelte es sich immer mehr, mit den Patienten zu arbeiten. Den Patienten wird nicht mehr verordnet, er lernt. Das ist jetzt schon normal, dass die Patienten in die Schulung gehen, dass sie lernen, ein Teil der Therapie zu übernehmen.
VORSORGE UND FRÜHDIAGNOSTIK
– Es ist bekannt, dass die Mehrheit von Diabetiker an Diabetes Typ II erkrankt sind. Es gibt Behauptungen, dass über 90% von ihnen die Krankheit durch einen gesunderen Lebensstil vermeiden könnten. Was meinen Sie dazu?
Dr. med. Klaus Busch: Es ist ein bisschen zu hoch. Bei mindestens 50 % sind es die Gene. Wenn Vater oder Mutter den Diabetes haben, liegt die Vererbungswahrscheinlichkeit bei ungefähr 1:2. Das Übergewicht, die Bewegungsmangel, die falsche Ernährung sind natürlich die Verschlechterungsfaktoren. Aber die Gene spielen eine entscheidende Rolle. Ein Beispiel: der Schwangerschaftsdiabetes stellt eine Gefahr nicht nur für den Embryo, sondern auch für das spätere Leben des Kindes. So, wenn eine Schwangere erhöhte Blutzuckerwerte hat, arbeitet das Gehirn des Kindes anders, es wird mehr Insulin produziert, und es ist die Gefahr gegeben, dass dieses Kind adipös sein wird und irgendwann an Diabetes erkranken wird. Das ist schon eine sehr frühe Diabetesveranlagung, und das Kind kann nichts dafür.
– Dass heißt, wenn diese 50 % der genetisch veranlagten Patienten an Diabetes II erkrankt sind, kann man dann nicht heilen?
Dr. med. Klaus Busch: Es ist sehr vielschichtig. Entscheidende Rolle spielen das Alter des Patienten, die Miterkrankungen, die Bewegungsfähigkeit. Es ist generell so, die erste Säule der Therapie ist einfach gesunde Kost. Es gibt keine Diabeteskost, sondern es gibt eine gesunde ballaststoffreiche Mischkost. Wenn die Patienten das bewerkstelligen, zweite Säule der Therapie wäre dann die Bewegung. Der Patient muss es wissen, dass er selber einen wichtigen Anteil an seiner Behandlung hat.
– Sie bieten ein spezielles Check-up-Programm zur Früherkennung von Diabetes. Wem würden Sie besonders empfehlen, an solchem Programm teilzunehmen? Und wann sollte man anfangen?
Dr. med. Klaus Busch: In der Regel bei familiären Problemen, bei Leuten mit den Fettstoffwechselstörungen, Übergewicht. Generell ab dem Alter 40-45 ist es empfehlenswert, alle 2 Jahre einen kleinen Check Up durchführen zu lassen. Je früher die Erkrankung diagnostiziert wird, desto mehr kann man mit der Behandlung erreichen. Wenn der Diabetes schon seit 6 Jahren unerkannt läuft, dann sind die kleinen Veränderungen da, die der Gesundheit schaden können.
– Und der Mensch merkt die ganzen 6 Jahre nicht, dass der Diabetes sich entwickelt?
Dr. med. Klaus Busch: Wenn man den Arzt nicht aufsucht, merkt man es nicht. Zuerst ist es nur ein erhöhter Zuckerwert, den man nur durch eine Blutanalyse feststellt. Bis man Diabetes symptomatisch merkt, dann liegt der Wert schon bei 250-300 mg/dl bei dem Normwert bis zu 100 mg/dl. Dann merkt man, dass man mehr Wasser lassen muss, oder dass man schlapper wird und mehr trinken muss. Aber das sind dann schon recht späte Zeichen. Bei Typ II ist es eine sehr lange Anlaufzeit.
– Wie kann man die bekannten Spätfolgen des Diabetes, z.B. diabetisches Retinopathie, vermeiden?
Dr. med. Klaus Busch: Man muss mehrere Risikofaktoren immer im Blick haben – Übergewicht, Blutzucker, Blutfette etc. Sie sollten kontrolliert werden und so gut wie möglich eingestellt werden, um das Risiko der Spätfolgen des Diabetes zu verringern. Zum Beispiel ein Mal im Jahr geht man zum Augenarzt. Wir kontrollieren bei unseren Patienten regelmäßig die entsprechenden Laborwerte. Obwohl hier ist es manchmal so, dass der Patient alles richtig macht, aber trotzdem ist er viel anfälliger für die Entwicklung von Spätfolgen, als derjenige, der schlechtere Werte hat.
– Eine häufige Komplikation bei Diabetes ist s.g. diabetischer Fuß. Behandeln Sie es auch?
Dr. med. Klaus Busch: Ja, wir sind eine zertifizierte Behandlungsstätte für die diabetischen Füße. Wir haben hier in unseren Räumlichkeiten eine podologische Praxis, wo wir Patienten mit dem diabetischen Fuß behandeln.
INNOVATIONEN UND STUDIEN
– Gibt es Innovationen in der Diabetestherapie, die Sie bei der Behandlung einsetzen?
Dr. med. Klaus Busch: Es gibt eine ganze Reihe von Innovationen. Erstens, in der medikamentösen Therapie gibt es sehr viele Fortschritte. Die neuen Medikamente geben den Patienten eine Chance, die Blutzuckerwerte zu verbessern und dabei nicht zu zunehmen, sondern abzunehmen. Früher, wenn es nötig war die Blutzuckerwerte durch die Medikamente einzustellen, klappte es, aber die Patienten haben dabei zugenommen, weil sie anderes verwertet haben. Jetzt haben wir die Möglichkeit, die Blutzuckerwerte zu verbessern und gleichzeitig das Gewicht zu reduzieren. Noch zu erwähnen ist die kontinuierliche Glukosemessung, die wir Patienten anbieten, um Diagnostik zur Therapieoptimierung durchzuführen. Den Patienten wird ein kleiner Sensor unter die Haut eingesetzt, der alle 5 Minuten automatisch die Blutzuckerwerte an ein spezielles Gerät sendet. Der Patient führt im Laufe einer Woche ein Ernährungstagebuch, nach 5-6 Tagen werden die Daten des Tagebuchs mit den Messergebnissen verglichen, die als Kurven dargestellt werden. Es ermöglicht zu erfahren, ob man eine nächtliche Unterzuckerung hat, wie reagiert man auf die Mahlzeiten. Generell kann man die Trends sehen (zum Beispiel regelmäßige Probleme abends oder nachts) und bestimmen, ob man eine Therapieänderung vornehmen muss. Sowas bietet nicht jede diabetologische Praxis an.
– Ihre Praxis beteiligt sich an vielen klinischen Studien. Wie profitieren davon Ihre Patienten?
Dr. med. Klaus Busch: Es hat viele Vorteile für unsere Patienten. Die Medikamente, die noch vor der Zulassung sind, haben zum Teil sehr interessante Wirkmechanismen und erhöhen die Effektivität der Behandlung. Außerdem, ist der teilnehmende Patient besser diszipliniert. Wir merken, dass der Zustand und die Werte des Patienten durch eine erhöhte Selbstdisziplin sich verbessert, unabhängig davon, um welche Studie es geht. Und durch solche Studien sind wir recht auf dem neuesten Stand, was die Behandlung von Diabetes angeht.
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